Betzalel e.V.

Kunst. Spiritualität. Entwicklung.



Wenn Sexismus auf Rassismus trifft

Nicht immer treffen Menschen ihre Entscheidungen völlig rational. Wenn man den Forschungsergebnissen der modernen Neurowissenschaft Glauben schenkt, ist das menschliche Bewusstsein überhaupt nur an sehr wenigen Entscheidungsprozessen beteiligt. Das meiste geschieht unterbewusst. Dennoch lässt sich beobachten, dass innere Glaubenssätze, sogenannte Kognitionen, einen großen Einfluss auf das menschliche Verhalten haben. Besonders Menschen, die derartige Glaubenssätze nicht nur für sich, sondern auch für andere zum unumstößlichen Dogma erheben, sind in ihrer Entscheidungsfreiheit oftmals eingeschränkt. Nicht selten sind solche Menschen religiös und entwickeln deshalb ihre Glaubenssätze – bewusst oder unbewusst – aus ihrem individuellen Bibelverständnis heraus.

Mit einer Person, auf die diese grobe Beschreibung zutrifft, stand ich vor wenigen Jahren im Austausch. Sie interessierte sich sehr für unsere Projekte in Südafrika und hatte sich vorgenommen, diese finanziell zu unterstützen, entschied sich schlussendlich aber gegen die Unterstützung, nachdem sie sich ein kurzes Video über die Arbeit vor Ort angeschaut hatte. Darin zu sehen waren u.a. Schwarze Frauen bzw. Mädchen, die teilweise kurze oder auch geflochtene Haare trugen. Nach Ansicht der besagten Person handelte es sich in beiden Fällen um Frisuren, die nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar, da unbiblisch waren.

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Ukukotiza, Ukuthwala und Ulwaluko

In seiner epochalen, als Buch erschienenen Vorlesungsreihe How to Do Things with Words von 1955 hat der britische Philosoph John L. Austin letztlich u.a. festgestellt, dass von der Aufklärung geprägte Menschen zwar nicht mehr an Magie glauben, sie aber nach wie vor regelmäßig praktizieren. Wenn bspw. eine Standesbeamtin die Worte spricht „hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau“, so gilt die Ehe auf wundersame Weise ab exakt diesem Moment als rechtsverbindlich. Sie muss dazu heutzutage nicht einmal mehr vollzogen werden und auch Trauzeug:innen sind inzwischen nicht mehr zwingend notwendig. Somit sind die von der Standesbeamtin gesprochenen Worte von einer magischen Formel phänomenologisch quasi nicht zu unterscheiden.

In vielen südafrikanischen Kulturen ist das jedoch anders. Eine anerkannte Trauungszeremonie kann hier keinesfalls ohne vorherige lobola stattfinden. Dabei handelt es sich um das Brautgeld, welches i.d.R. dem Gegenwert einer zu vereinbarenden Anzahl von Rindern entspricht und von der Familie des Bräutigams typischerweise an einen Onkel der Braut gezahlt wird, stellvertretend für dessen Familie bzw. Clan. Ob es sich hierbei womöglich um eine Entschädigungszahlung an die Schwiegerfamilie handelt für die durch Heirat verlorengehende Arbeitskraft, wie bisweilen gutmütig unterstellt wird, lässt sich kaum rekonstruieren. Die mündlichen Überlieferungen zu dieser Praxis sind vielfältig und schriftliche Zeugnisse aus der Zeit vor Ankunft der Europäer:innen im südlichen Afrika nicht vorhanden.

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Das Schicksal alleinerziehender Mütter

Südafrika ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Land. Das zeigt sich bspw. daran, dass es hier nicht nur eine, sondern gleich drei Hauptstädte gibt: Kapstadt ist Sitz des Nationalparlaments, Bloemfontein des obersten Berufungsgerichts und in Pretoria befinden sich die Union Buildings, welche jährlich von Januar bis Juni als Regierungssitz dienen. Diese Dreiteilung stammt noch aus territorialen Überlegungen der Gründerväter der von 1910 bis 1961 existierenden Südafrikanischen Union. Darüber hinaus spiegeln die drei Hauptstädte jedoch auch die in der Verfassung von 1996 festgeschriebene Gewaltenteilung wider. Eine Verfassung, um die nach der Apartheid intensiv gerungen wurde und von der Friedensnobelpreisträger Frederik Willem de Klerk kurz vor seinem Tod im November 2021 zurecht sagte, viele andere Nationen würden Südafrika um ebendiese beneiden.

Die Herausforderung, welche generell mit Verfassungen verbunden ist, besteht jedoch freilich in der Umsetzung derselben. Dass dies nicht automatisch funktioniert zeigt sich in Südafrika etwa am als State Capture bekannt gewordenen Korruptionsskandal rund um die indischstämmige Investorenfamilie Gupta sowie die Regierung von Ex-Präsident Zuma, in Deutschland hingegen z.B. an der legalen Prostitution, welche nicht zur gewünschten Eindämmung von Menschenhandel führt und seit Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) 2017 die finanzielle Lage vieler Sexarbeiter:innen sogar noch erschwert hat. Ein zusätzliches Problem in Südafrika besteht allerdings darin, dass es neben den in der Verfassung festgelegten oder sich hieraus ergebenden Regelungen ein völlig eigenständiges Gesetz gibt, welches zwar nirgends verbindlich festgeschrieben ist oder nachgelesen werden könnte, das aber in den Köpfen vieler Menschen, insbesondere vieler Männer äußerst präsent ist.

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Todesurteil Zivilcourage

Sipho ist gewiss kein Vorzeige-Mann. Der Cousin einer der Projektteilnehmerrinnen von Amakhosikazi hat selbst durchaus Anteil an der Marginalisierung von Frauen in Südafrika. So ist der siebenfache Vater offenkundig nie an einer langfristigen Beziehung mit einer der sechs Mütter seiner Kinder interessiert gewesen. Möglicherweise war er hierzu aber auch nie in der Lage. Etwa deshalb nicht, weil ihm entsprechende Vorbilder fehlten, da er selbst bereits ohne Vater aufgewachsen ist, was die Vernachlässigung seiner eigenen Kinder sowie deren Mütter freilich nicht entschuldigt. Umso überraschender ist indes, dass sogar das Verhältnis zur wichtigsten Bezugsperson aus Siphos Kindheit, nämlich seiner Mutter, bereits seit Jahren weitgehend zerrüttet ist. Es scheint als habe er sich von seiner Familie und seiner Verwandtschaft schlichtweg entfremdet.

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Die (Neben)rolle der Frau

In der vergangenen Woche war ich, wenn auch eher passiv, an einem interessanten Gespräch beteiligt, und zwar zwischen einem jungen Studenten, der ehrenamtlicher Lobpreisleiter einer evangelikal geprägten Freikirche ist, und einer alleinerziehenden Pastorin mit baptistischem Hintergrund, die dieses Amt derzeit jedoch nicht ausübt. Gegenstand des Gesprächs waren zwischenmenschliche, insbesondere romantische Beziehungen. Vor allem die Herausforderungen der Partner:innenwahl wurden hierbei intensiv diskutiert. Im Rahmen dieser Unterhaltung outete sich der junge Lobpreisleiter schließlich als pansexuell und erklärte, derzeit in einer Partnerschaft mit einem Mann zu leben.

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